Verwaltungsgericht ignoriert Grundrecht auf Versammlungsfreiheit

von Elke Steven – Komitee für Grundrechte und Demokratie

Der Anmelder der Blockupy-Demonstration am 1. Juni 2013 hat gegen die polizeiliche Einkesselung eines Teiles der Versammlung und die dadurch bewirkte Verhinderung der Versammlung insgesamt geklagt. Am 23. Juni 2014 verhandelte das Verwaltungsgericht Frankfurt über die Klage. Alle Beweisanträge des Klägers lehnte das Gericht ab und kam zu der Entscheidung, die Polizei habe angemessen und rechtmäßig die Versammlung verhindert. Es vertraute der Aussage der Polizei, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit unmittelbar gedroht hätte und Straftaten der Vermummung und Verstöße gegen die Auflagen der Versammlung hätten verfolgt werden müssen.

Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Brokdorf-Beschluss von 1985 will es dem Leiter der Versammlung auferlegen, jederzeit gegen jeden einzelnen Verstoß gegen Auflagen und gegen eine unbestimmt bleibende „Vermummung“ vorzugehen. Es ignoriert die Rechtsauffassung des BVerfG, das die staatsfreie Ausübung dieses hohen Rechtsguts hervorgehoben hat. Das BVerfG formulierte damals: „Würde unfriedliches Verhalten Einzelner für die gesamte Veranstaltung

und nicht nur für die Täter zum Fortfall des Grundrechtsschutzes führen, hätten diese es in der Hand, Demonstrationen umzufunktionieren‘ und entgegen dem Willen der anderen Teilnehmer rechtswidrig werden zu lassen; praktisch könnte dann jede Großdemonstration verboten werden, da sich nahezu immer ,Erkenntnisse‘ über unfriedliche Absichten eines Teiles der Teilnehmer beibringen lassen.“ (Brokdorf-Beschluss, 1985)

Mitnichten war auch nur der größte Teil der eintausend Eingekesselten unfriedlich, ja noch nicht einmal „vermummt“.

In dieser Verhandlung wurde deutlich, wie wichtig es ist, gegen das

Auflagen-Unwesen von Versammlungsbehörden vorzugehen. Die Stadt Frankfurt hatte sämtliche Seitentransparente per Auflagen verboten. So sah der Vorsitzende Richter schon in der Tatsache, dass auch Seitentransparente getragen wurden, einen schwerwiegenden Rechtsverstoß.

(…Es ) steht aktuell nicht gut um die Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Wir müssen für sie auf der Straße und vor Gerichten weiterhin kämpfen. So wird auch der Anmelder gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Rechtsmittel einlegen.