Repression in Russland: Murmansker Humanist*innen – ausländische Agent*innen?

Verfasst von: ACN. Verfasst am: 02.06.2014

https://linksunten.indymedia.org/de/node/115552

Aktivist*innen in Russland stehen seit einiger Zeit unter massivem Verfolgungsdruck durch russische Autoritäten. Mit der „Foreign Agent“- und „Extremismus“-Gesetzgebung wurden Instrumente geschaffen, um staatskritische, aber auch sonst die politischen Machthaber*innen störende, Organisationen und Bewegungen zu unterdrücken und auszuschalten. Legale Organisationen werden in diesem Kontext de facto verboten, wenn sie als „Foreign Agent“ (ausländische Agenten) eingeordnet werden, denn ihre Weiterarbeit ist unter diesem Umständen so gut wie unmöglich. Mit schwammigen Extremismus-Anklagen werden auch Einzelpersonen, die sich kritisch geäußert haben, mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht, und quasi von der Bildfläche entfernt. Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie andere fortschrittliche Organisationen sollen als Spione gebrandmarkt und öffentlich diskreditiert werden.

In diesem Beitrag geht es um die kürzlich bekanntgewordene „Foreign Agent“-Anklage gegen die Murmansker Menschenrechtsorganisation „Humanistische Jugend-Bewegung“ (GDM).

Am 1. Mai führte die Bezirksstaatsanwaltschaft nach Aufforderung des FSB in Murmansk eine Prüfung der regionalen Organisation „Humanistische Jugend-Bewegung“ (GDM – Гуманистическое движение молодежи) durch. Im Ergebnis wurde Anklage erhoben, um feststellen zu lassen, dass GDM durch Unterlassung gegen geltendes Recht verstoßen habe, was sich dadurch ausdrücke, dass die Organisation sich nicht als „Foreign Agent“ registriert hat, und um die Menschrechtsorganisation zu verpflichten dies jetzt nachzuholen.

Als wichtigstes Argument dafür, dass die Organisation politischen Aktivitäten nachgeht, wird das Projekt „Jugend für Menschenrechte-Zeitung“ genannt. Diese Zeitschrift sei einem sprachwissenschaftlichen Experten zufolge voller versteckter Botschaften und Aufforderungen, die verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, und verletze die Integrität der Russischen Föderation. Die Artikel zu Folter und unmenschlicher Behandlung diffamierten die Polizei und beeinträchtigten deren Ruf. Es ist verwunderlich, dass ein Linguist sich die Freiheit und Expertise herausnimmt festzustellen, „… die ‚Humanistische Jugend-Bewegung‘ ist ein ausländischer Agent.“

GDM führt vor allem Bildungsarbeit zu verschiedenen Themen, Festivals und eine Sommerakademie zu selbstorganisierter Bildung durch. Die Organisation hat nie öffentliche Aktivitäten wie Demonstrationen oder Mahnwachen organisiert. Die bekanntesten der von GDM initiierten oder unterstützten Projekte sind das Festival „Dialog der Kulturen“, „Days of German Cinema“ und die Schulausstellung „Anne Frank. Die Lehre der Geschichte“.

Die Ziele der Organisation sind:

  • Vermittlung humanistischer moralischer Werte an die Jugend.
  • Förderung der aktiven Bürgerschaft junger Menschen, rechtliche Bildung und Jugendbildung. Stärkung des Bewusstseins für soziale Verantwortung.
  • Stärkung der öffentlichen Rolle und sozialen Bedeutung von Jugend.
  • Entwicklung des gegenseitigen Verständnisses zwischen jungen Menschen aus verschiedenen Ländern.
  • Aufklärung für Toleranz, Freiheit und die Rechte des Einzelnen, andere Weltsichten und Lebensweisen.

GDM hält kritisches Denken und die Verbreitung von Informationen über Menschenrechte, wie sie verletzt werden und wie sie zu schützen sind, für wichtig. Organisationen, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, waren eines der wichtigsten Angriffsziele der „Foreign Agents“-Gesetzgebung.

Das Datum der Verhandlung ist derzeit nicht bekannt. Ein*e Anwält*in wird gesucht.

Mehr Infos: http://gruenes-blatt.de/index.php/Foreign_Agent-Kampagne